Redebeitrag der Kampagne „Make Amazon pay“ vom 3.3.2018 beim Kreuzberger Spaziergang der Kampagne Fuck off Google
Liebe Kreuzberger*innen,
wir von der Kampagne „Make Amazon pay“ sind gebeten worden, ein paar Worte über unsere Kampgane, die Kämpfe bei Amazon und euren Kampf an euch zu richten. Damit ihr uns einornden könnt, wagen wir einen Rückblick auf die erste Aktion der Kampagne am vergangegen „Black Friday“.
Eigentlich war der „Black Friday“ in Deutschland, der 24. November 2017 kein besonderes Datum. Größere Bedeutung hat der Tag in den USA. Da Thanksgiving, der vierte Donnerstag im November, ein gesetzlicher Feiertag ist, nutzen viele Amerikaner*innen den folgenden Freitag als Brückentag und erledigen erste Weihnachtseinkäufe. So liefern sich Einzelhändler in den USA regelrechte Rabattschlachten am sogenannten Black Friday. Der Name Black Friday soll aussagen, dass ab diesem Tag, aufgrund der großen Umsätze, der Einzelhandel „schwarze Zahlen“ schreibt, also bis zum Ende des Jahres und vor allem durchs Weihnachtsgeschäft Gewinne erwirtschaftet. Mit zunehmender Bedeutung des Onlinehandels spielt auch der Black Friday im Internet eine wachsende Rolle. Auch in Deutschland bewarb Amazon den Black Friday als Shopping Event, um seine Millarden-Umsätze an diesem Tag nicht nur in den USA, sondern weltweit einzufahren.
An diesem Tag schaut die Öffentlichkeit also wie ein hypnotisiertes Kanninchen auf die Verkaufszahlen bei Amazon und gleichzeitig laufen die Amazon-Lager auf Hochtouren. Also der beste Zeitpunkt, um mit Blockaden an den Amazon-Lagern Sand ins Getriebe des weltgrößten Onlineversandhanelds zu streuen.
Aber warum blockieren linke Aktivisten die Amazon-Maschienerie?
Gemeinsam mit Google, Facebook, Apple und Microsoft gehört Amazon zu den „Big Five“, die heute das Internet beherrschen. Zugliech kämpfen seit viereinhalb Jahren Amazon-Beschäftigte in den Versandzentren des größten Onlinehändlers der Welt für Verbesserungen ihrer Arbeitsbedingungen. Dabei ist der Ausgang der Auseinandersetzungen nach wie vor völlig ungewiss. Das liegt daran, dass es sich in erster Linie nicht um einen Lohnkonflikt handelt. Der Weltmarktführer des Onlinehandels weigert sich prinzipiell, mit Gewerkschaften zu verhandeln oder gar Tarifverträge abzuschließen. Dabei gehen die Kämpfe um Arbeitnehmerrechte bei Amazon inzwischen alle an!. Denn mehr noch als die anderen der BIG FIve versucht das Unternehmen aus Seattle, die Arbeitsbedingungen im digitalen Kapitalismus neu zu definieren.
Amazons Unternehmensphilosophie gefährdet permanent die Gesundheit seiner Beschäftigten. In Amazons Fullfillmentcentern (FCs) erleben die Beschäftigten einen hohen Druck, immer mehr in kürzerer Zeit zu schaffen, permanente Leistungskontrollen sowie eine Maschinerie der Überwachung. Amazon ist somit der Vorreiter einer »digitalen Taylorisierung«, das heißt von lückenloser Kontrolle und maschineller Menschensteuerung seiner Beschäftigten. Die digitale Maschinerie Amazons gibt Tempo und Ablauf aller Arbeitsschritte in den Lagern vor und übernimmt damit die „Steuerung“ der Beschäftigten. Der Mensch bei Amazon verschwindet, der Beschäftigte wird zum Anhängsel eines Software-Algorithmus reduziert.
Aber nicht nur die ArbeiterInnen werden den Profitinteressen Amazons zugeführt.
Denn der gläßernde Kunde, ist genauso zentrale Bestandteil der Unternehmensstrategie von Amazon, ebenso wie von Google. Amazons und Googles Unternehmensstrategie zielt darauf, Konkurrent_innen zu übertrumpfen und oder aufzukaufen, um so eine Monopolstellung zu erlangen bzw. zu verteidigen. Dabei dienen die Kunden doppelt: mit ihrem Geld und mit ihren Daten. Gerade diese sind elementar für Tech-Unternehmen wie Amazon, Google. Sie sind das Rohöl, mit dem sie ihre Vormachtstellung sichern. Wer die meisten Daten hat, weiß nicht nur vieles über seine Kunden, dass diese früher nicht preisgegeben hätten, sondern kann auch vorhersagen, wo Bedürfnisse entstehen – und diese entsprechend steuern. Die digitalen „Sprachassistenten“ von Amazon oder Google stellen dabei die nächste Etappe des digitalen Plattform-Kapitalismus dar: Nach der großen Datensammlung im Internet und Sozialen Netzwerken (Big Data) sollen nun die Kund_innen in zunehmend geschlossenen Systemen wie dem digitalen Überwachungssystem „Amazon Echo“ oder „Google Home“ an das Unternehmen gebunden. In der Vorstellung der Tech-Firmen sind wir unaufhörlich und unauflöslich mit ihren Netzen verbunden. Es soll kein Leben außerhalb des jeweils eigenen Netzes geben. Die „freiwillige“ permanente Überwachung unseres Lebens durch Google undAmazon wird mit seinem Raumlautsprecher und dem „Sprachassistenten“ gerade Realität.
Bei Google und Amazon kreuzen sich zentrale Tendenzen des gegenwärtigen Kapitalismus, aber auch des Widerstands gegen sie. Amazons und Googles Zukunftsvisionen beeinflussen bereits jetzt unser gesamtes Leben. Ähnlich wie der Fordismus nicht nur die Arbeit am Fließband in Einzelprozesse zerhackt und unter den Gesichtspunkten, der Optimierung neu zusammengesetzt hat, findet mit dem „digitalen Taylorismus“ wieder eine Arbeitsreorganisation mit Auswirkungen auf die Produktion und Zirkulation bis hin zu einer menschenfeindlichen Neugestaltung von Lebensweisen und des Konsum- und Freizeitverhaltens statt. Amazon und Google wollen unsere Arbeitsnormen und Lebensgewohnheiten in Gänze umstrukturieren: Der Mensch als umfänglich verwert- Ressource: Kund*in, Arbeitnehmer*in und Datenspender*in. Die die Gentrifizierung Kreuzbergs durch den Google Campus passt sich in dieses Programm der Tech-Firmen ein. In der Vision einer „Smart City“ träumen Google, Orakle von Bewohnern als permanenten Datenspendern. Doch gleichzeitig mit der Transformierung der Bürger in Google-Bewohner werden mit der Schaffung von Googles digitalen Privatstädten, die Nutzung öffentlicher Güter und Dienste vom guten Willen eines Konzerns nach und nach abhängig werden. Stadtpolitischen Themen wie: Obdachlosigkeit, Gentrifizierung, Ungleichheit, spielen in Amazons oder Google Visionen keine Rolle, wer nicht zahlen kann wird ausgesondert werden.
Was bei aller vermeintlicher Philantropie von Amazon oder Googels Geschäftsmodellen der Zukunft gilt, galt schon immer für den Kapitalismus. Die Lebensinteressen der einfachen Menschen sind nicht das Ziel des Wirtschaftens, nicht der Zweck der ganzen Unternehmungen. Es geht schlicht und einfach, um Profit und mehr Profit!
Schon heute beginnen sich die Linien der Widerstände, gegen den „digitalen Kapitalismus“, zu kreuzen. Hacker-Grupppen, die die Netze der Big Five angreifen, Stadtteilgruppen, die die Verdrängung aus ihren Wohnquartieren für Luxusbauten der Tech-Firmen und ihrer Führungsmannschaften nicht hinnehmen, Arbeiterinnen und Arbeiter, die für kollektive Interessenvertretungen streiken, alle eint, dass sie ein Wörtchen bei der Ausgestaltung unsere Zukunft mitreden wollen. Sie alle eint, dass sie eben nicht nur Kundinnen, Datenspenderinnen, vermessbare und verwertbare Arbeitsnomaden der Big Five sein wollen. Autonomie über das eigene Leben, statt Reduktion auf einen bloßen Objektstatus, auf diesen Nenner können die Linien der Widerstände gebracht werden
Und der nächste Termin steht schon, wo unsere Widerstände ein sichtbares Zeichen einer anderen Zukunft sein können. Am 24. April 2018 veranstaltet der Axel-Springer-Verlag in Berlin-Kreuzberg eine Sause der besonderen Art. Zu Gast ist der mittlerweile reichste Mann der Welt, Jeff Bezos, Eigentümer des international agierenden Onlinehandelskonzern Amazon, der an diesem Tag den Springer-Preis für sein „visionäres Geschäftsmodell“ erhalten wird. Die Party im Springer Hochhaus ist eine rechtfertigende Inszenierung für die Zurichtungen des digitalen Kapitalismus im allegemeinen und Amazons Ausbeutungs- und Überwachungsstrategien im Besonderen. Lasst uns daher diese Show nicht ohne Widerspruch über die Bühne gehen, bereiten wir Jeff Bezos und der Springer Presse eine antikapitalistische Überraschung der besondern Art!.
24. April 2018
Award Crashers United!
Der Preisverleihung an Jeff Bezos und Amazon Zukunftsvision entgegentreten!